Joubin Rahimi: Grandios, dass ihr wieder dabei seid zu einer neuen Folge von Insights. Mein Name ist Joubin Rahimi. Heute spreche ich mit Christian Gleich zum Thema Metaverse. Christian, magst du dich einmal kurz vorstellen für unsere Zuhörer und Zuschauer?
Christian Gleich: Sehr gerne, Christian Gleich, vielen Dank, dass ich dabei sein dar Ich habe mehr als 25 Jahre digitale Erfahrung. Mir war es wichtig, mich nach meinem Studium der Ökonomie tatsächlich als Allrounder aufzustellen. Dieses ganze Thema Digital und Internet fand ich immer schon sehr spannend und habe gesagt: „Okay, ich mache einfach zu viel Technik für Marketing und zu viel Marketing für Technik.“ Sodass ich mich da auskenne bei: „Wie funktioniert die Technik des Werbens im Internet im Hintergrund?“ Aber auch: „Wie funktioniert die Werbung selber? Wie funktionieren diese ganzen mobilen Entwicklungen generell?“ Innovationen im Internet fand ich ganz spannend. Im Laufe der Zeit kam irgendwann auch das Metaverse dazu. Nach vielen Beratungen für Nike, für O2 beispielsweise, für Samsung und die NASA, wurde es immer konkreter in die Richtung Internet an sich. Aber auch in der Weiterentwicklung Metaverse. Finde ich ganz spannend, geht nicht wieder weg, ist noch nicht einmal richtig da, geht aber auch nicht mehr weg. Aufgrund dessen wird es, glaube ich, ein ganz spannendes Thema werden in der Zukunft, wie das alles wird. Ich bin auf unser Gespräch gespannt.
Joubin Rahimi: Wir steigen auch direkt einmal ein. Du sagst: „Metaverse, es ist noch gar nicht da, aber es geht auch nicht mehr weg.“ Da ist erst einmal ein wohl ein Statement. Die erste Frage ist, wo kann ich mich einloggen?
Christian Gleich: Eine gute Frage, die höre ich häufiger. Man kann sich nicht richtig zentral einloggen. Wo ist dieses Metaverse und wo ist die Domain dafür? Das Metaverse wird sich zusammensetzen, aus verschiedenen virtuellen Plattformen, die man besuchen kann mit einem VR-Brille bzw. irgendwann auch mit einer AR, einer Augmented-Reality-Brille. Aber auch über den Browser. So gibt es verschiedene Plattformen. Die Ursprünge kommen eher aus der Spieleplattform Historie. Da gibt es jetzt schon Fortnite, Roblox, was auch sehr junge Zielgruppen spielen. Diese spielerische Basis, sag e ich einmal, ist es, die zu Plattformen wie Decentraland oder Sandbox geführt hat, die alle zusammen häufig behaupten sie wären das Metaverse, was sie aber nicht sind. Sondern die Gesamtheit dieser Plattformen, auch B2B-Plattformen, auch Städte Plattformen, die es geben wird und die gerade im Bau begriffen sind, die zusammen werden das Metaverse darstellen.
Joubin Rahimi: Es ist quasi wie vorher das Internet? Du hast Compuserv, AOL und Co. Du hast verschiedene Einstiegspunkte, es ist nicht eine Website und du bist darin. Ich glaube, das ist erst einmal gut zu verstehen in dem Kontext. Es war schön, ich durfte einer Präsentation lauschen und zuschauen, die du in München auf der LBMA gehalten hast. Da waren Extrakte aus deinem Buch, was noch erscheinen wird, dabei. Ein, zwei Zahlen fand ich spannend. Dieses spielerische Metaverse, also Roblox, Minecraft, wie viele Nutzer pro Monat hat so eine Plattform? Sag du diese Zahl, die du da genannt hast, die ist richtig eindrucksvoll.
Christian Gleich: Klar. Aktuell gibt es eine Statistik, die sagt, dass in diesen Plattformen – und die sind natürlich hauptsächlich besetzt durch Spieler – bei 300 bis 500 Millionen Active Users liegt im Monat, was natürlich eine sehr ordentliche Zahl ist. Die kommt aber nicht erst, seitdem das Ding Metaverse heißt, sondern die war auch davor schon sehr groß. Weil es Leute sind, die über verschiedene technische Zugänge, zum Beispiel Fortnite spielen, Roblox spielen, das sind sehr viele. Diese 300 oder 500 Millionen ist eine extrem tolle Zahl, weil man sagt: „Menschen, es sind aber schon wirklich viele Leute, die in diesem Metaverse sind.“ Sie sind noch nicht richtig in diesem Metaverse. Denn wenn man sich die Nutzungszahlen von Decentraland anschaut oder auch von Sandbox beispielsweise, die eher in die Richtung gehen, wie dieses Metaverse sich vielleicht einmal anfühlen wird, sind es viel weniger. Da muss man einige Nullen hinten wegstreichen.
Joubin Rahimi: Aber erst einmal 350 Millionen, 500 Millionen, das sind sechs, sieben, acht Prozent der gesamten Menschheit. Das ist eine echte Hausnummer. 300 Millionen, Funfact am Rande, ist doppelt so viel wie die Tiktokerin mit den meisten Followern hat. Das finde ich auch eine krasse Zahl. Es gibt eine Tiktokerin, 150 Millionen Follower. Krass.
Christian Gleich: Absolut spannend. Was ich auch spannend fände – dazu gibt es keine verlässliche Zahl, was ich schade finde – sind tatsächlich die Synergiezahlen. Wie viele Leute, die auf einer Metaverse Plattform – nennen wir sie virtuelle Plattform, um die Verwirrung rauszunehmen – spielen oder sich mit Leuten treffen oder digitale Assets kaufen und verkaufen beispielsweise, wie viele davon sind auch auf großen Social-Media-Plattformen in der gleichen Alters-Zielgruppe wie Tiktok beispielsweise, wie Instagram. Vielleicht nicht so sehr wie Facebook, weil da glaube ich, variieren die Alterszielgruppen ein bisschen.
Joubin Rahimi: Das ist auch neuer Step. Internet 4.0, 3.0. Ich glaube, du hattest es 3.0 genannt.
Christian Gleich: Ja, Web 3.0 nennt sich das Ganze. Ich meine, wir kennen das alle noch aus Web 1, die Älteren unter uns, wo man wirklich nur lesen und ein bisschen recherchieren konnte und nicht sich groß einbringen konnte. Web 2 war irgendwann diese Zeit, die eigentlich die meisten von uns kennen. Das Internet, dass es heute auch letzten Endes gibt, wo man lesen und selber auch schreiben oder interagieren und mit anderen kommunizieren kann und auch Inhalte erstellen kann. Dann fragen mich immer ganz viele: „Wann ist jetzt diese Deadline? Wenn dieses Web 2 zu diesem Web 3 wird, wann ist der Tag?“ Den gibt es natürlich als hartes Datum nicht, sondern es ist ein sehr verschwimmender Prozess. Zwischen Web 2, wo wir diese Webseiten, die wir heute kennen, die leider nach wie vor ein bisschen langweilig sind. Natürlich kann man sich Informationen angucken und durchlesen. Aber viel schöner wäre es eigentlich, wenn man mit den Informationen, die man dort sieht, herumspielen könnte, bzw. wenn man sich in den Informationen bewegen könnte. Wenn ich mir ein Produkt anschaue, natürlich kann ich heutzutage 360 Grad das Produkt drehen und aufgrund dessen entscheiden, will ich es kaufen oder nicht. Aber mir dieses Produkt tatsächlich anzugucken, hochzuheben, das Gefühl zu haben, wie schwer ist, ich sage einmal, 200, 300, 500 Gramm für den Schuh? Fühlt sich das leicht oder schwer an? Auch da ist zum Beispiel die unterschiedlichen Handhabung des Internets und der Produkte, gerade für Händler, ganz spannend. Aktuell sieht man sich zum Beispiel den Turnschuh an. Ich bin großer Fan von Sneakern und kaufe und verkaufe die auch, wenn sie ein bisschen seltener sind. Da sieht man sich den Sneaker an, oder man weiß sowieso, wie das Ding aussieht. Dann entscheidet man, will man es haben oder nicht, ist es zu teuer oder nicht, legt sie in den Warenkorb oder nicht, und dann kauft man es oder nicht. Es gibt heute schon erste Auswertungen wie Avatare in diesem Metaverse – heutzutage in diesen einzelnen Plattformen, wird man letzten Endes vertreten durch seinen Avatar – dass diese Avatare witzigerweise eine angewohnt haben, die wir als Menschen haben, wenn wir physisch in den Retail-Laden reingehen. Um bei dem Beispiel Turnschuhe zu bleiben, man hebt ihn irgendwann hoch und guckt unten auf die Sohle. Was kostet der? Da sieht man ganz gut, dass die Avatare das auch tun, weil es ein gelerntes Verhalten ist. Auch in den Schuh hinein zusehen, wie groß ist der, wo steht die Größenangabe beispielsweise. Gleichzeitig kann man – heute noch nicht so gut, das wird alles kommen – als Avatar den Schuh hochheben und feststellen, ist mir der zu schwer, ist der leicht, ist der zum Beispiel zum Laufen geeignet und so weiter. Dementsprechend gibt es gleiche Handlungsmuster zur realen physischen Welt. Auf der anderen Seite ist es aber so, dass man ganz viele neue Dinge kennenlernt. Dadurch, dass man drei Achsen hat, wie man diesen Schuh bewegen kann, kann man natürlich an Daten-Learnings viel mehr herausholen, als es heutzutage in der sehr flachen Display-Monitor-Welt möglich ist. Ich lege den Schuh in den Warenkorb oder nicht. Natürlich kann man da auch ein bisschen lernen. Das Thema Cookie wird aber immer schwieriger in der Zukunft. Darüber kann man in Zukunft immer weniger lernen. Aber mit den drei Achsen haben wir Learnings wie, viele Dinge aus dem Regal herausgeholt, durch den Avatar in das Regal zurückgestellt, den Schuh daneben herausgeholt oder einen ganz anderen Schuh, der zufälligerweise die gleiche Farbe hat. All diese Learnings und Datenpunkte werden immer mehr.
Joubin Rahimi: Ich glaube, man kann auch im Metaverse Sachen lernen, die du Offline im Store ausprobieren kannst, wenn das Verhalten ähnlich ist. Wir haben drei Streams, die ich mit dir gerne durchgehen würde. Zum einen, was braucht man dafür? Vielleicht können wir damit anfangen. Was für eine Hardware-Ausstattung brauche ich, wenn jemand sagt: „Ich will mich damit auseinandersetzen, ich will es ein bisschen ausprobieren, ich kann ein bisschen investieren.“ Was bedeutet das auf der einen Seite. Auf der anderen Seite, das Thema, mit Metaverse selbst Geld verdienen, im Sinne von Metaverse als Plattform, wo ich Geld verdiene, darüber noch einmal nachzudenken. Der dritte Punkt ist, was machen die Industrien damit? We können sie es nutzen? Früher hieß es beim Internet, damit kann ich kein Geld verdienen und keiner kauft über einen Webshop. Das war undenkbar. Jetzt ist die Frage, wo geht es hin für welche Industrien? Diese drei Themenbereiche hätte ich. Magst du dich darauf einlassen?
Christian Gleich: Klar, gerne.
Joubin Rahimi: Wollen wir mit den ersten Anfang? Was brauchst du dafür? Das ist, glaube ich, das Einfachste.
Christian Gleich: Collin und ich haben ein Buch geschrieben zu dem Thema Praxisbuch Metaverse. Wir wollten bewusst nicht noch ein Buch zum Metaverse schreiben und dann ist ganz viel Marketing Blabla darin. Sondern tatsächlich die Hälfte von 250 Seiten sind auf 25 Industrien bezogen, Use Cases, die für die interessant und spannend sind, die auch spannend werden in der Zukunft. Darin ist ein Kapitel, ich glaube, da kommen wir gleich darauf, was du gerade besprochen hattest. Aber da ist auch ein Kapitel: „Was braucht es eigentlich, um in dieses Metaverse hereinzukommen?“ Ein bisschen als Anleitung, weil es auch das ist, was viele uns fragen: „Wie komme ich da hinein? Brauche ich einen einzelnes Log-in, um in dieses Metaverse hereinzukommen? Oder wie läuft es?“ Am immersivsten, wie man so schön sagt, sprich eindrucksvollsten und mit der höchsten Beteiligung ist es, wenn man das über die VR-Brille macht. Da gibt es viele, nicht zuletzt natürlich eine Oculus Pro beispielsweise, von Meta, dem neu benannten Konzern, der vorher Facebook hieß. Da sind aber viele, die sagen: „Da wird mir immer schlecht und wenn ich mich zu schnell bewege, habe ich ein Riesending auf dem Kopf sitzen. Kann ich das nicht einfacher haben?“ Doch, es geht natürlich auch einfacher, nämlich mit einem relativ leistungsstarken Laptop oder Computer. Ich sage einmal, die, die wir heute haben – dazu braucht man nicht extra einen teuren Gaming-Computer zu kaufen – ermöglichen es ins Metaverse, in diese virtuellen Plattformen hineinzugehen. Aber durch die flache Oberfläche ist es einfach weniger immersiv. Aber trotzdem sieht man den gleichen Inhalt, den man auf der VR-Brille sieht. Inhaltlich schon, von der Immersion her natürlich wesentlich eingeschränkter. Das ist ganz klar. Man baut sich am besten einen Avatar, dieser Avatar vertritt einen in diesen digitalen Welten. Dieser Avatar kann zum Beispiel bei Ready Player Me erstellt werden, ein sehr großer Avater-Hersteller oder Service Provider. Es gibt noch ein paar andere. Was auch funktioniert – das habe ich letztens selbst ausprobiert – ist, dass man sich 3D-scannen lässt, sodass man wirklich so, wie man in Echt aussieht, als Avatar im Metaverse oder den Plattformen auch aussieht. Das funktioniert auch. Man kann diese Avatare unterschiedlich anziehen, mit T-Shits, Pullovern, Hoodies, Schuhen, Hüten, wie man möchte. Ein spannendes Thema für die Fashion-Industrie ist, dass man diese Kleidungsstücke zum Beispiel auch einkaufen kann, wie das häufig ist im Internet. Man hat eine Standardausstattung und kann sich noch etwas dazu kaufen, weil man es besonders schön findet oder weil es von einer bestimmten Marke ist. Das kostet Geld. Man kann aber nicht seine Kreditkarte über den Bildschirm des Monitors oder Laptops ziehen, sondern man braucht dafür virtuelles Geld, Kryptowährung. Diese Kryptowährung kann man kaufen, indem man zum Beispiel über eine Kreditkarte das Geld darauf lädt oder diese Kryptowährung einkauft und auf eine sogenannte Wallet darauflädt. Übersetzt sich auf Deutsch mit Geldbörse. Sieht zwar nicht so aus, verhält sich aber genauso. Die Kryptowährungen, es gibt mehrere davon, können auf dieser Wallet liegen, und dann kann mein Avatar in einen Laden gehen, sagen: „Ich hätte gerne dieses andersfarbige T-Shirt, diese tolleren Schuhe.“ Die bezahle ich beispielsweise mit Kryptowährung.
Joubin Rahimi: Das ist eigentlich auch schon eines der Geschäftsmodelle, dass man sagt: „Ich stelle digitale Assets her und kann sie verkaufen und damit Geld verdienen.“ In dem Zusammenhang kommt immer wieder der Begriff Non-Fungible-Tokens, NFTs. Wir haben schon im Vorgespräch gesagt: „Wer hat sich diesen Namen ausgedacht?“ Es war kein Marketeer, es war bestimmt ein Krypto-Nerd. Aber vielleicht kannst du dazu kurz etwas sagen. Was ist das genau und warum spielt es eine Rolle?
Christian Gleich: Non-Fungible-Token, welcher Deutsche kann damit etwas anfangen? Das ist wirklich ein übles Wort und ich glaube, in anderen Ländern sieht es ähnlich aus. Übersetzt sich leichter in Nicht-Ersetzbare-Währung, Nicht-Ersetzbare-Güter beispielsweise. Sie gehören zu der Klasse der digitalen Assets, der digitalen Güter. So kann man es eigentlich auch übersetzen. Sodass man beispielsweise sich vorstellen kann, einen Schuh – bleiben wir wieder bei dem Beispiel Schuh – den es in der realen Welt gibt, kann ich exakt so, wie er in der realen Welt aussieht, abbilden, als sogenannten Digital Twin, als digitalen Zwilling für diese virtuellen Welten. Der Avatar kauft sich dort diesen digitalen Twin, diesen digitalen Turnschuhe, um den bei beispielsweise zu tragen, so wie das in der realen Welt auch ist. Warum kauft man sich den Turnschuh? Man findet ihn cool oder man möchte zu einer bestimmten Community gehören. So ähnlich ist es dort auch. Da fragen immer viele: „Das hilft mir in meiner realen Welt nichts, wenn mein digitaler Avatar sich gar keinen realen Schuh kaufen kann.“ Das stimmt. Aber es gibt eine hybride Form. Dergestalt, dass man zum Beispiel sagt, man kauft sich als Avatar in der virtuellen Welt dieses Metaverses, diesen digitalen Turnschuhe. Gleichzeitig kauft man sich für sich selbst in der realen Welt, um ihn tatsächlich selbstt anziehen zu können, den gleichen Turnschuh. Da es dann spannend, weil es alle Formen gibt mittlerweile. Wir kennen alle das reale Einkaufen. Wir gehen in den Laden, kaufen den Turnschuh, ziehen den an, für uns selbst. Der Avater kann mittlerweile aber auch in einen virtuellen Laden gehen, kauft sich diese virtuellen Turnschuhe, zieht ihn dort an für sich. Ich kann beide Objekte kaufen und ich kann auch Mischformen sehen. Das passiert schon längst, das ist keine Zukunftsmusik, sondern passiert schon längst, dass ich mir einen realen Turnschuh anfertigen lasse oder customize und den genauso für mein Avatar bekommen kann. Teilweise gibt es schon in dieser digitalen Welt, digitale Turnschule, dies es in der realen Welt gar nicht gibt. Die können dann in der realen Welt produziert werden, weil sie in der digitalen Welt zuerst existiert haben. Das ist natürlich eine spannende Geschichte, denn das kehrt Vieles um von dem, was wir bisher gekannt haben.
Joubin Rahimi: Ein Punkt als Vorbereitung für unser Gespräch. Was ist digital, was ist reale Welt? Ich sage einmal, beides ist real. Das eine ist eine physikalische Welt und das andere ist eine digitale. Ich will es gar nicht virtuell nennen, Virtuell klingt wieder nicht echt. Es ist eine digitale Welt. Wir Menschen bewegen uns in der physikalischen Welt. Das sind wir seit Jahr-Millionen gewohnt. Jetzt bewegen wir uns zusätzlich in dieser digitalen Welt. Wir beamen uns physikalisch nirgendwo hin. Aber du kannst auf einmal an einem Ort sein mit anderen Leuten, die physikalisch irgendwo anders sind und Freundschaften aufbauen, weil du dich da bewegst. Ein bisschen scary, wie bei Matrix. Aber unsere Kinder wachsen damit schon auf, dass sie sagen: „Ich habe meine physikalische Welt, Schule und Co, aber ich habe auch meine digitale Welt.“ Ich glaube, vielleicht muss man das wirklich so formulieren.
Christian Gleich: Absolut. Wer den Film gesehen hat, Ready Player One, dort verschmelzen die Welten oder bereichern sich gegenseitig. Das ist natürlich ein Film, aber wie wir aus der Vergangenheit wissen, viele Science-Ficiton-Filme bieten die Basis dessen, was in der Zukunft kommt. Du hast völlig recht, unsere Kinder, die junge Generation, für die ist das, was für uns wichtig war oder auch ist, nicht mehr wichtig. Zum Beispiel ein Auto als Eigentum zu bezeichnen. Das ist mein Auto. Wenn man heute in Marktforschung und auch in einigen Workshops, die wir durchführen, Jugendliche mit dazunimmt, um die neue Zielgruppe, mit denen man früher oder später zusammenarbeiten wird, als Kollegen, die auch eine Käuferschicht und Käuferzielgruppe darstellen und mit ihnen spricht, die sagen: „Warum soll ich ein Auto haben? Warum soll es mein Eigentum sein? Wenn ich eins brauche, dann miete ich mir eins.“ Ob es ShareNow ist oder diese ganzen Elektro-Rollersysteme. „Das miete ich für die Zeit, wo ich es von A nach B brauche, aber ansonsten muss das Dinge nicht in der Garage stehen.“ Da ist eine andere Herangehensweise, eine andere Sichtweise. Mir ging es so, dass ich in einem Café tatsächlich vier Mädels bei beobachtet habe, die waren vielleicht – schwer zu sagen – zwischen zwölf und fünfzehn. Vier Mädchen saßen alle in ihre Handys schauend dort und haben – habe ich hinterher erfahren, als ich sie gefragt habe – in der gleichen Welt miteinander auf Roblox gespielt. Faktisch waren sie in der realen Welt, ich habe auch zu ihnen gesagt, in unserer älteren Denke, sage ich jetzt einfach mal: „Ihr seid jetzt zusammen in einer realen Welt, in diesem Café, nutzt die Zeit, sprecht miteinander!“ Aber vielleicht haben sie nicht die gleichen Vorlieben oder nicht die gleichen Hobbys oder Schule ist langweilig und man unterhält sich nicht darüber. Ich weiß es nicht. Man spielt gemeinsam in dieser virtuellen Welt. Es gibt Prognosen, die sagen, dass zukünftige Generationen – das bezieht sich nicht nur auf unsere Kinder, sondern auch auf nachfolgende Generationen – dass sie viel mehr Zeit in virtuellen Welten verbringen als in der realen Welt.
Joubin Rahimi: Mega spannend! Kommen wir zur dritten Fragestellung. Wir haben gelernt, Metaverse ist nicht eins, es ist vieles. Wir haben gelernt, was man braucht. Dein Buch gibt gute Tipps dafür. Wie kann man digital damit ein Geschäftsmodell aufbauen. Jetzt bin ich ein Händler oder Hersteller oder Industriegüter-Produzent. Was können die damit machen? Das ist bestimmt nicht für alles Gleiche. Aber die Fragen stellen sich sicherlich die einen oder anderen Unternehmensführer und Lenker. Muss ich mir das angucken, oder ist das wieder ein Trend? Den schaue ich wie Second Life nur an, bis er wieder weggeht?
Christian Gleich: Die Frage ist natürlich sehr berechtigt. Um sie ganz kurz und schnell vorweg zu beantworten, es ist relativ deutlich, dass alle die, die sich heute nicht damit beschäftigen, aus welchem Hintergrund auch immer, in der Zukunft komplett hinten daran sein werden. Das sage ich nicht aus Eigennutz, mir gehört dieses Metaverse nicht. Sondern es ist sichtbar und abzuleiten aus der jetzigen Web 2 Welt, dass das genauso war: „Nein, eine Webseite brauchen wir nicht. Dann auch noch ein Kontaktformular, an wen soll es gehen? Geht es immer an den Chef, oder geht es immer Sales? Da warten wir noch, ob wir uns das irgendwie leisten können, ohne zu sein.“
Joubin Rahimi: P&C Düsseldorf hat gerade Insolvenz angemeldet im Schutzschirmverfahren. Die haben unter anderem gesagt: „Wir waren viel zu zögerlich, was E-commerce anging.“ Hat man denen bestimmt zig Mal gesagt. Es ist an sich ein sehr schönes Haupthaus in Düsseldorf, aber vielleicht übersteht es.
Christian Gleich: Absolut, ich kenne das ganz gut. Das ist leider so, wenn man das verpennt heutzutage, hat es Nachwirkungen, nicht nur auf den nächsten Morgen, sondern wirklich auf die nächsten Jahre. Weil man sich gar nicht so etablieren kann in den Köpfen der Leuten als innovatives Unternehmen, als neues Unternehmen, vielleicht auch als nachhaltiges Unternehmen. Da gibt es ganz viele Möglichkeiten, gerade zum Thema Nachhaltigkeit, mit dem Metaverse. Du hast es gerade vorher angesprochen, dass man sich mit Freunden dort trifft. Das ist eine der Grundideen, dass man Dinge zusammen macht, in der Community Rätsel löst, sich trifft, zusammen Inhalte ansieht. Aber auch das Thema – das ist ein ganz spannendes Thema, finde ich persönlich – wie du gesagt hast, Händler. Da gehören auch Tourismus-Unternehmen dazu, Fluggesellschaften, Hotellerie, etc. Die haben natürlich alle Angst von Metaverse, weil die sagen:
Christian Gleich: „Um Gottes willen, jetzt reist keiner mehr, jetzt kauft sich jeder eine VR-Brille, dann liegen die Leute voll angezogen zu Hause auf der Couch, aber faktisch als Avatar am Strand. Dann reisen die gar nicht mehr an die Ziele. Dann können wir keine Flugtickets mehr verkaufen, keine Hotelzimmer mehr verkaufen.“ Das Gegenteil ist eigentlich der Fall. Wenn man die Umfragen anschaut, sagen eigentlich alle, die eine VR-Brille haben, die sich für das Thema Metaverse interessieren: „Ich kann heute mich viel einfacher, viel besser, viel eindrucksvoller informieren über meinen Urlaubsort, über mein Hotel, als das früher war.“ Was machen wir heute, um ein Hotel zu buchen? Der Flug ist einfach, da gebe ich meinen Abflugort und mein Ankunftsort ein. Das Ticket kostet X. Das ist relativ klar. Irgendwie muss ich zu diesem Urlaubsort kommen. Dann gucken wir heute auf den ganzen Buchungsplattformen. Wie sieht mein Hotel aus? Welche Hotelzimmer haben die zur Verfügung und so weiter. Die Profis unter uns gucken, wie schaut es gerade aus? Gibt es dort eine Baustelle, die meinen Urlaub irgendwie beeinträchtigt?
Joubin Rahimi: Spalt unter der Tür, großer Spalt, am besten noch Hardfloor, dann weißt du, es ist laut.
Christian Gleich: Gerne direkt vor dem Lift. Genau. Ich glaube, wir haben beide Erfahrungen in der Richtung, sieht man. So etwas kannst du mit der VR-Brille vorher ansehen. Wie weit ist der Strand tatsächlich Weg. Fußläufig vom Hotel, so steht es im Katalog. Faktisch ist es aber vielleicht ein bisschen weiter. So etwas kann ich mit der VR-Brille wirklich in der realen Entfernung abschätzen. Kann mir ein im Zimmer wirklich angucken, brauche nicht teilweise sehr geschönte oder sehr gut ausgeleuchtete 360-Grad Video ansehen und sagen: „Das ist ein tolles Zimmer.“ Dann komme ich an, es ist zwar das Zimmer, aber es sieht ganz anders aus, weil die Beleuchtung eine andere ist oder die Ausleuchtung für das Promovideo eine andere war. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand sein Hotel oder sein Zimmer oder seine Destination anguckt im Vorfeld und sich zum Beispiel Touren heraussucht, Wandertouren beispielsweise, die schon einmal vorab abgehen kann und sagen kann: „Mensch, das würde ich mir gerne in Echt angucken. Das liegt auf der Tour, das wusste ich gar nicht, das ist super.“ Da wird es ganz viele Anbieter geben, die das in die Richtung organisieren und sagen: „Wenn du dort in den Urlaub fahren möchtest, schau es dir vorher auf VR an.“ Damit wird es eigentlich eher ein Abverkaufstool oder ein Promotion-Tool für die Reise unternehmen, als dass es eine Alternative wird. Ich meine, jeder, der einmal irgendwie in einem warmen, schönen, türkisen Wasser gelegen hat, will es natürlich so wieder haben und nicht bloß angucken können durch eine Brille. Klar, wird es alles noch immersiver werden in Zukunft, dass man ein bisschen Wind durch die Brille ins Gesicht geblasen bekommt, vielleicht spürt man auch die Wärme. Aber das ersetzt nicht die sehr angenehme und auch die gelernte Art und Weise, wirklich im Urlaub zu sein, dieses Feeling mitzunehmen. Der klassische Händler als Retailer, ob in der Mall oder nicht, stellt natürlich auch die Frage: „Wie funktioniert das? Was kann ich damit machen?“ Es gibt ein ganz schönes Beispiel aus vielen Läden. Aber im speziellen fällt mir ein Lego Store in Dubai ein, das ist ein Experience Store. Man kann dort verschiedene Sachen machen, mit den Legosteinen und nicht bloß irgendwelche Kästen kaufen. Man kann sich beispielsweise die Legofiguren individualisieren lassen. Wie funktioniert so etwas? Es gibt ganz normale weiße Oberteile, die werden bedruckt. Aber dazu brauche ich beispielsweise Software, um auszusuchen, welche Sticker ich darauf drucken lasse, auf diese Oberteile der Legomännchen, wo ich selbst auch zeichnen kann. Das läuft alles digital ab. Der Befehl geht digital an den digitalen Drucker, der dieses weiße Oberteil bedruckt, sodass ich mir diese Figur mit der passenden Hose und der Frisur zusammenstellen lassen kann. Wenn ich eh alles digital habe in einem physischen Store, lässt sich so etwas natürlich sehr einfach in dem digitalen Store – der gleiche Laden, der vielleicht sogar gleich aussieht, der ein Digital Twin ist in einer Mall oder auch ein Einzelladen – hervorragend abbilden. Wenn es wirklich um das harte Produkt geht, das man verkaufen möchte – wir waren vorher bei dem T-Shirt für den Avatar – wenn ich dreidimensionale Produktdaten habe bzw. Produktbilder habe, kann ich die natürlich umsetzen in der virtuelle Welt und dort gibt es wiederum Service Provider, die das Verhalten des Falls von Stoffen, von Materialien, so imitieren können, dass, wenn man das probiert, auf einer platten Fläche, wie auf einem Laptop-Display, man sehen kann, dass es ein schwererer Stoff, weil der sich ein bisschen träger bewegt. Das T-Shirt scheint bequem zu sein, weil es nicht so viele Falten macht und es ist ein bisschen stretchy. So etwas kann man mittlerweile auch sehen. Wenn man die 3D-Daten hat, kann man das sehr leicht auf das Metaverse übersetzen. Wenn wir an limitierte Kollektionen denken, ist es natürlich sehr einfach zu sagen: „Die limitierte Kollektion für den Avatar kostet mehr, oder die limitierte Version für den normalen Menschen im realen Store kostet mehr als ein nicht limitiertes T-Shirt.“ Es funktioniert beim Avatar genauso, die Leute sind ganz heiß darauf, weil derAvatar überall herumlaufen kann und die Leute sehen: „Der hat sich diese limitierte Version des T-Shirts gekauft. Das ist ganz cool.“ Dann wird man auch angesprochen von den Leuten. Der eine Avatar spricht den anderen Avatar an, auf deutsch. Klingt fancy, funktioniert aber.
Joubin Rahimi: Wo du gerade von Dubai und dem Legoland erzählt hast oder der Lego Experience Stores. Wo soll man sich einfach einmal hin orientieren? Welches Land macht das besonders gut, oder welche Marken? Auf welche Plattformen, würdest du sagen, sollte man einmal hingehen? Ich weiß, da sind bestimmt ein paar Sachen aus dem Buch heraus, aber vielleicht kannst du den Sneak-Peak schon einmal geben.
Christian Gleich: Sehr gerne, natürlich. Ich finde es immer ganz spannend, muss ich sagen, wenn man sich mit der ganzen Sache noch nicht auskennt und sich bei Decentraland einzuloggen und sich dort zu registrieren und das Gleiche bei Roblox zu machen. Es ist eigentlich immer anzuraten oder eine ganz gute Idee, sich auf YouTube ein paar Videos anzugucken. Es funktioniert mittlerweile gut, weil es schon viele Marken gibt, die sich in diesen Plattformen tummeln, dass man dort einfach einmal auf gut Glück Marken eingibt, zusätzlich mit dem Namen der Plattform. Beispielsweise Dencentraland, beispielsweise Roblox, schreibt sich mit X, vielleicht könnt ihr den Link noch mit dazu packen, in der Zusammenfassung des Podcasts. In Roblox beispielsweise gibt es sehr spannende Beispiel von Nike. Wie baut Nike dort ihren Laden auf? Das ist natürlich beeinflusst durch das allgemeine Look and Feel von Roblox. Roblox sieht ein bisschen nach Lego aus, ist es nicht, aber die sehen so aus, die Figuren, finde ich zumindest. Nike eignet sich das an und sagt: „Ich lasse mich auf dieses Look and Feel ein". Was schon viel bedeutet und macht dort zu verschiedenen Zeitpunkten in bestimmten Zeiträumen auch Aktionszeiträume. Promotion für bestimmte Schuhe, für bestimmte Sportarten und so weiter. Nike und Roblox auf YouTube einzugeben, ist, glaube ich, eine ganz gute Idee, um sich das anzusehen. Beispielsweise Walmart, sind alles amerikanische Beispiele, die natürlich prinzipiell ein Einzelhändler sind. Die Einzelhandels-Experience, die man dort hat, von Walmart zum Beispiel auf Decentraland, ist nicht besonders eindrucksvoll. Die Gänge und Regale sehen genauso hässlich aus wie bei denen auch in Echt. Aber Walmart sagt: „Wir möchten den Leuten Walmart als begehrliche, als spielerische Marke und Umgebung beibringen und haben aufgrund dessen sozusagen zwei Welten gebaut.“ Die Walmart-Welten, die sehr spielerisch sind, sehr bunt sind, wo man sich die Produkte einmal für Drogerieartikel und einmal für Lebensmittel in zwei unterschiedlichen Welten ansehen kann und auch etwas darüber lernen kann. Aber wie gesagt, wenn man darauf klickt und sagt: „Das würde ich mir tatsächlich gerne virtuell kaufen.“ – was in einer solchen virtuellen Plattform funktioniert und passiert – ist das Einkaufserlebnis nicht besonders schön, weil in Echt haben sie auch keine besonders schöne Regale und das hat man genauso umgesetzt. Da muss man, glaube ich, ein bisschen Gedanken hineinpacken. Wie kann man das Einkaufserlebnis – gerade wenn es langweilige Welten sind, wo nur irgendwelche Regale stehen – in den virtuellen Welten schöner machen? Da hat sich Walmart keine große Mühe gegeben. Aber egal, ob man beispielsweise Gucci eingibt, Nike eingibt, Adidas eingibt beispielsweise. Wen haben wir noch? H&M haben wir. Gerade die ganzen Beauty und Kosmetik Marken beispielsweise, kann man gut eingeben. Es gibt auch Media und TV Marken. Sport1 beispielsweise hat die Darts Weltmeisterschaft 2022 auf 2023 im Metaverse übertragen. All diese Beispiele findet man auf YouTube, damit man sich ein bisschen zurechtfindet. Vielleicht findet man auch: „Diese Plattform gefällt mir nicht so sehr, da sehe ich meine Marke nicht.“ Auf der Plattform, die man schöner findet, startet man sicherlich auch, um sich dort zu registrieren, einmal herum zu laufen, sich das anzusehen. Es macht meiner Meinung nach schon Sinn, sich auch die Plattformen anzuschauen, die man vielleicht nicht so schön gefunden hat. Denn jede davon hat ein paar andere Funktionsweisen, Möglichkeiten, das eine spielerischer, das andere ist ein bisschen straighter. Da glaube ich, ist in Anführungsstrichen für jeden etwas dabei und das werden nicht die einzigen Plattformen der Zukunft sein. Da werden schlagartig immer mehr kommen, die nicht mehr spielerisch und pixelig aussehen, sondern die eher wirklich semi-fotorealistisch oder fotorealistisch aussehen. Dann sind natürlich auch viele Marken, die sagen: „Nein, wenn es hier so pixelig aussieht, gehe ich gar nicht darein in dieses Metaverse, in so eine virtuelle Plattform. Sondern meine Produkte sind hochqualitativ, die möchte ich auch genauso transportiert sehen.“ Die werden wir in solchen fotorealistischen Plattformen sehen.
Joubin Rahimi: Da kommt mir gerade noch ein Gedanke. Es hat sich grundlegend verändert. Wir sind beide knapp über 30. Früher sind wir zum Händler gegangen und wollten einen Fernseher kaufen, der Händler hat uns beraten und wenn er es gut gemacht hat, sind wir mit einem Fernseher rausgegangen. Typischerweise wussten wir noch gar nicht, mit welcher Marke oder mit welchem Modell wir darausgehen. Vielleicht ein bisschen geprägt von Fernsehwerbung, aber der hat uns beraten. Es gab eine Beratungsfunktion, Service-Funktion, Logistik-Funktion und so weiter. Jetzt ist es anders, schon seit ein paar Jahren. Aber ich erzähle es immer wieder, weil es so signifikanten den Markt verändert. Jetzt ist es so, ich informiere mich vorher im Internet und habe schon etwas im Kopf, was ich kaufen möchte. Ich nehme den Händler, wenn ich hineingehe, nur noch vielleicht als Showroom, weil ich mir etwas angucken möchte und der es hat oder ich vielleicht nicht ganz sicher bin und vielleicht noch eine zweite Meinung haben möchte. Aber eigentlich habe ich mich schon entschieden. Wenn sich das so ändert, ist zum einen der Händler nicht mehr so wichtig in der Form und der Hersteller muss sich überlegen: „Wie kann ich auch direkt verkaufen?“ Nike macht es vor, Adidas macht es vor, Esprit hat das fast immer gemacht. Im Fashion-Umfeld sind wir relativ weit vorne, was das Thema D2C angeht. Aber immer mehr Marken kommt natürlich heraus. Ich sage nur, wenn eine Person 150 Millionen Follower weltweit haben kann, ist diese Barriere Marketing zu sagen, einfacher geworden und auch eine Brand zu sein und das zu positionieren. Insofern ist D2C eine gute Geschichte. Ich habe das Bauchgefühl, es könnte ein Vorteil für Firmen sein, sich direkt mit dem Metaverse zu beschäftigen und alles andere links liegen zu lassen, um direkt auf den neuen Zug einzusteigen. Ist das schon soweit, was sagst du? Machst du zwei Experimente, ob Metaverse etwas wird und dein Geschäftsmodell, oder nicht?
Christian Gleich: Die Unternehmen, die sich jetzt schon ins Metaverse wagen, experimentieren dort viel. Das ist viel experimentelles Budget, das darf man nicht vergessen. Aber selbst in den experimentellen Budgets finden Umsätze statt. Umsätze über eine Art von E-Commerce. Ich nenne es 3D-Commerce. Unter dem Strich ist es eigentlich die Funktionsweise der Prozesse, die wir kennen aus E-Commerce, findet aber – ich habe es Vorhin schon gesagt – mit verschiedenen Zusatzfunktionen oder Möglichkeiten statt. Diese drei Achsen beispielsweise, die man hat, um Produkte zu drehen, sich anzugucken und so weiter. Du hast D2C angesprochen, Direct to Consumer oder Customer. Es wird noch nicht stark praktiziert, aber es wird stark diskutiert, dass die Direct to Consumer, D2C, im Metaverse D2A ist, to Avatar. Der Avater ist der Einkäufer, der nur der verlängerte Arm des Menschen ist, der die Brille aufhat oder der vor dem Display sitzt und ein Kunde ist. Der direkt pressiert werden kann oder vielleicht auch sollte. Gerade in der Übergangsphase, in der ersten Zeit, wir sind wirklich in den Kinderschuhen des Metaverses, noch nicht einmal, noch davor. Alles, was wir in der realen Welt kennen, werden wir auch in den ersten Jahren im Internet in Metaverse sehen. Es werden die ersten Malls gebaut, die ersten habe ich schon gesehen. Die sehen schon okay, das sind nicht so, dass du sagst: „Da will ich mit meinem Avatar unbedingt hin.“ Aber das wird kommen. Was findet dort statt? Wenn du in einer realen Mall schaust oder in großen Einkaufszentren, da gibt es Promoflächen, Popup-Flächen. Das wird dort auch stattfinden, weil sich jemand nicht leisten möchte dort beispielsweise Land zu kaufen, um einen Shop aufzubauen, zwölf Monate im Jahr. Natürlich macht es Sinn, wenn man für sich festgestellt hat, dass es für einen und runde Sache ist. Aber vielleicht möchte man es erst einmal ausprobieren. Ergo werden wir dort Promoflächen, Popup-Flächen sehen, die wir auch in der realen Welt sehen. Was ich sehr spannend finde, Technologien haben in der Vergangenheit immer eine lange Zeit gebraucht, um aufzukommen, um aufzustreben, und dann waren sie ziemlich siloartig da. Mittlerweile sehen wir – und es wird immer schneller werden, und es wird immer spannender werden – dass diese Technologien zu einem extrem frühen Zeitpunkt miteinander verschmelzen. Ich habe häufig das Wort Avatar benutzt, was die digitale Version des eigenen Ichs ist, das durch dieses Metaverse läuft, Dinge einkauft, sich mit Menschen trifft und so weiter. Vielleicht kennen einige Zuseher und Zuhörer auch das Phänomen ChatGPT. Eine künstliche generative Intelligenz. Mit der Sache kann man wahnsinnig viele tolle Dinge machen. Die ist wahnsinnig schlau, weil es sich des Wissens des Internets bedient. Dann stellt sich natürlich die Frage, warum soll ich als Avatar im Metaverse mir nicht einen Service Avatar suchen. Um bei deinem Beispiel zu bleiben, eines Fernsehmarken-Herstellers oder eines Elektronikmarkt Herstellers, Mediamarkt oder Saturn oder wie auch immer. Um zu fragen, ich suche eigentlich momentan einen Fernseher, der soll eine bestimmte Zollgröße haben, das soll eine Bildwiederholungsrate haben, ich brauche aber gar keine Fernbedienung mehr. Ich mache das alles über Sprachsteuerung oder über das Handy beispielsweise. Welchen sollte ich nehmen? Dann spricht der eine Avatar den anderen Avater an. Dieser Service Avatar, der mit ChatCPT ausgestattet ist, ist ein viel besserer Verkäufer, weil er neutral ist und weil er alle Spezifikationen aller Marken, aller Modelle, die auf dem Markt sind, bereithalten kann und damit als Auskunfts-Roboter, nenne ich ihn einmal, wesentlich besser ist, als wenn ich zu Samsung gehe und sage: „Welchen soll ich kaufen?“ Natürlich will mir er mir einen Samsung Fernseher verkaufen. Auch wenn ich zu Mediamarkt gehe, kann es vielleicht sein, dass die eine oder andere Marke mehr Provisionen springen lässt. Aufgrund dessen ist vielleicht der Verkäufer dort auch nicht der Verkäufer, wenn es zum Thema Neutralität geht. Ich spreche nur dieses Thema an. Da ist ein Avatar schon eine tolle Geschichte. Wenn wir uns heute vorstellen wollen, uns ein Auto kaufen, gehen klassischerweise ins Internet, recherchieren, wie du es Vorhin gesagt hast, dann hat man diese unfassbar langweiligen PDFs, wo die Spezifikationen und die Motorleistung daraufsteht. Wenn ich mir vorstelle, ich mache das in Zukunft im Metaverse und kann den Sound hören. Es ist schon einmal das Modell vorhanden, dass ich tatsächlich kaufen möchte, denn in den meisten Autohäusern ist das Modell, was ich haben möchte, gar nicht mehr vorhanden. Entweder durch die Chip-Krise ist es leider nicht produzierbar und auch nicht verkaufbar oder auf der anderen Seite haben sie gar nicht den Platz, um alle Autos, alle Modelle auszustellen. Im Metaverse kann ich mir alle Modelle angucken, ich kann alles durchkonfigurieren, ich kann mir auch den Sound anhören, wenn mich das interessiert, beispielsweise. Ich kann zum Beispiel auch eine ganz andere Beratung bekommen, die mehr eine Storytelling Beratung ist, wo ich mir vorstellen kann, wie dieses Auto performt, aufgrund der Spezifikationen – die zwar auf dem PDF stehen würden, in unserer jetzigen Web-2-Welt – aber mir in der Web-3-Welt von einem Avatar ganz anders beigebracht werden. Vielleicht sind sie auch auf das Auto projiziert, schwimmen aus dem Auto heraus. Wie auch immer. Wenn man sich vorstellt, was cool wäre, wird es das sein, was wir im Metaverse sehen werden. Versus diese langweiligen PDFs mit den Spezifikationen. Natürlich kann man die toll nebeneinander halten, aber das wird im Metaverse genauso möglich sein, denn dort kann ich auch PDFs lesen. Das ist zwar eine schlimme Vorstellung für mich, aber möglich.
Joubin Rahimi: Das Thema Customer Experience spielt eine Rolle. Das ist sicherlich zukünftig ein ganz wichtiger Baustein. Wir sind felsenfest der Meinung, dass wir uns viel mehr um Customer Experience bei unseren Kunden kümmern müssen und die Kunden für deren Kunden, damit das richtig Spaß macht, was wir tun. Für die Unternehmen eine Chance, nicht das gesamte Feld Amazon zu überlassen, sondern Gas zu geben. Insofern Danke dafür. Ich habe auf die Uhr geguckt, wir sind weit über 40 Minuten und das fühlt sich wie fünf Minuten an für mich.
Christian Gleich: Absolut, für mich auch.
Joubin Rahimi: Richtig super. Herzlichen Dank, Christian! Wir verlinken auf jeden Fall dein Buch. Je nachdem, wenn das Buch noch nicht draußen ist, aber schon angeteasert, verlinken wir das. Wenn es schon draußen ist, machen wir natürlich auch einen Link darauf. Die Sachen, die du mit empfohlen hast, packen wir unten in die Notes. Ich möchte erst einmal sagen, herzlichen Dank für das super angenehme Gespräch, du hast eine echt klasse Podcast-Stimme.
Joubin Rahimi: Danke.
Joubin Rahimi: Danke, dass wir inhaltlich so viel lernen konnten. Ich hoffe, auch alle anderen, die zugehört haben, konnten eine Menge mitnehmen.
Christian Gleich: Das hoffe ich auch. Mir hat es auch wahnsinnig viel Spaß gemacht. Das Buch erscheint am 25. April, heißt Praxisbuch Metaverse und wird tatsächlich ein Praxisbuch sein. Es ist fertig. Es ist, glaube ich, gerade der Druck angelaufen. Es wird tatsächlich ein Praxisbuch sein, wo wirklich für alle Industrien, alle Geschäftszweige etwas dabei sein wird. Beispiele dabei sind, teilweise auch Umsatzzahlen, die schon existent sind, Umsatzprognosen. Was man als Grundlage nehmen kann, um zu entscheiden: „Will ich da für mich als Company wirklich ein Test-Budget hineinpacken?“ Ich glaube, wenn man auf sein eigenes Buch stolz ist, ist es ein ganz gutes Zeichen. Das sollte man immer sein, logischerweise, aber in dem Fall ist es tatsächlich ein gutes Werk geworden. Ich feue mich darauf, wenn ihr verlinkt.
Joubin Rahimi: Super, herzlichen Dank. Wir werden es an den Rezensionen sehen, aber ich habe keinen Zweifel. Bei dem, was heute schon herübergekommen ist, wird das ein gutes Buch sein. Bis zum nächsten Mal, für alle, die an den Kopfhörern sind und zuschauen. Dir noch einmal, Christian, herzlichen Dank!
Christian Gleich: Vielen Dank auch an dich.