Joubin Rahimi:
Grandios, dass Du bei dieser neuen insights!-Folge wieder dabei bist! Mein Name ist Joubin Rahimi und heute habe ich Katja Moritz zu Gast. Hallo, Katja.
Katja Moritz:
Hallo, Joubin.
Joubin Rahimi:
Heute geht es um das Thema digitale Körpersprache. Erstmal wäre es total klasse, wenn Du, bevor wir in das Thema einsteigen, vielleicht ein, zwei Sätze zu Dir sagen könntest.
Katja Moritz:
Sehr gerne. Hi, ich bin Katja, ich bin bei brytes User Experience Managerin. Bei brytes geht es ganz viel um Website-Inhalte. Wie können wir Seiten verbessern? Und ich entwickle zusammen mit meinen Kollegen die Maßnahmen, die wir dann konkret einsetzen. Was das bedeutet, können wir gleich gerne noch mal genauer beleuchten.
Joubin Rahimi:
Super. Und Ihr macht das ja nicht einfach nur aus der Lamäng heraus, wie der Kölner sagt, sondern Ihr habt da ja auch wissenschaftlich fundierte Grundlagen dazu. Vielleicht hast Du noch ein, zwei Sätze dazu.
Katja Moritz:
Genau. Wir arbeiten mit wissenschaftlichen Grundlagen, das heißt, wir setzen bestimmte Verhaltensprinzipien ein. Wir analysieren die Körpersprache der Kunden auf den Websites, schauen uns an, was machen die? Und leiten daraus dann bestimmte Handlungsempfehlungen für die Shops, die wir betreuen, ab.
Joubin Rahimi:
Körpersprache ist ein wichtiges Thema. Ich habe gerade gemerkt, ich habe mich hier auch noch mal anders hingesetzt. Ich habe auch überlegt, gehe ich zum Mikro hin oder zu Dir? Aber ich richte mich jetzt zu Dir hin aus. Aber erzähle mal ein bisschen, was ist erst mal digitale Körpersprache?
Katja Moritz:
Wir haben uns quasi einem Problem angenommen bei brytes, und das ist genau dieses Thema: Was ist denn digitale Körpersprache? Wir wissen natürlich alle, was ist die Körpersprache in der Offline-Welt. Das heißt, wir sehen bestimmte Haltungen, Gestiken, Mimiken. Und das Problem ist, dass viele Shopbetreiber nicht wissen, wie verhalten sich die Kunden, die gerade in ihren Shops aktiv sind, vor allem im Onlinebereich? Und was wir dann eben machen, ist genau diese digitale Körpersprache zu analysieren. Das kann eben etwas sein wie ein gewisses Scroll-Verhalten. Das kann sein, auf welchen Seiten bewegt sich ein Kunde? Klickt er etwas an, klickt er nichts an, welche Suchbegriffe gibt er ein? Alle Interaktionen, die der Kunde mit der Seite hat, all das zusammen ergibt die digitale Körpersprache des Kunden.
Joubin Rahimi:
Aber das ist doch eigentlich schon etwas, das wir haben: Webanalyse. Oder ist das jetzt zu einfach gedacht?
Katja Moritz:
Na ja, man nutzt ja diese Webanalyse, um daraus bestimmte Intentionen von Kunden herauszuarbeiten. Das heißt, wir schauen uns das an und interpretieren diese Daten auch. Natürlich gibt es da auch Aspekte, die einfach erst mal mitgelesen und erfasst werden. Das ist auch quasi ein Teil, die Webanalyse. Aber die digitale Körpersprache umfasst dann eben auch noch diesen Aspekt, dass man diese Inhalte deutet und in konkrete Intentionen, Wünsche, Bedürfnisse übersetzt.
Joubin Rahimi:
Das geht eigentlich eine Stufe über die Webanalyse hinaus.
Katja Moritz:
Genau.
Joubin Rahimi:
Und Körpersprache ist dann auch etwas, wo Ihr sagt, wenn ich anders klicke, kann ich etwas daraus lesen.
Katja Moritz:
Genau. Ein Beispiel könnte sein, wir schauen uns Suchbegriffe an. Gibt ein Kunde ein, dass er zum Beispiel weiße Sneaker sucht oder gibt er ein bestimmtes Modell mit einer Marke und einer Größe ein, dann sind das vielleicht zunächst erst mal die gleichen Informationen: Er sucht nach etwas. Aber alleine die Inhalte können uns schon Aufschluss darüber geben, was genau sucht er? Wo befindet er sich vielleicht in seinem Kaufverhalten? Ist er schon weit fortgeschritten, hat Produkte schon in die engere Auswahl genommen? Will er sich allgemein informieren? Und das alleine anhand von diesem einen Beispiel. Und da gibt es natürlich hunderte von Faktoren, die dann insgesamt die digitale Körpersprache abbilden. Und die Kombination daraus gibt uns dann zum Beispiel Aufschluss über eine Customer Journey-Phase, in der ein Kunde sich gerade befindet.
Joubin Rahimi:
Ok, weiße Sneaker trägst Du auch. Nehmen wir mal ein Beispiel, womit ich mich gut auseinandersetze: Fahrradteile. Vor zwei Jahren habe ich mir so einen Power Meter gekauft, so Messpedale. Ich mache zwei Beispiele, vielleicht kannst Du sagen, wo bin ich dann in der Journey. Einmal, wenn ich Power Meter Pedale eingebe, das ist so der eine Begriff. Und der andere ist Garmin SLX 400. Ich weiß nicht, ob das die genaue Bezeichnung des Artikels ist, aber es gibt natürlich nicht nur von Garmin, sondern von anderen auch diese Teile. Wo stehe ich dann an diesen beiden Punkten? Also wenn ich einmal die Produktkategorie benenne und dann den Artikelnamen?
Katja Moritz:
Wahrscheinlich wird es so sein, wenn du dich grundsätzlich erst mal informieren möchtest beziehungsweise bis du an diesem Punkt bist, dass du dieses Modell kennst, hast du wahrscheinlich diesen anderen Schritt schon vorher durchlaufen. Das heißt, du würdest normalerweise damit starten, dass du erst mal einen Bedarf hast und sagst, ich brauche etwas für mein Fahrrad, und dann informierst du dich darüber. Was könnte denn genau dieses Etwas sein? Was löst mein konkretes Problem, das ich habe? Dann würdest du dich wahrscheinlich eher auf die Suche begeben nach allgemeinen Power Metern. Du schaust dir dann verschiedene Produkte an, vielleicht auch verschiedene Shops und legst dich dann auf ein relevantes Set an Produkten fest. Das könnte dann zum Beispiel auch das gerade genannte Modell enthalten. Und danach würdest du dich in der Regel auf die Suche begeben, in welchem Shop kaufst du das denn? Und das heißt, du kannst quasi beide dieser Schritte selbst durchlaufen, das wird aber zu verschiedenen Zeitpunkten der Fall sein. Das heißt, du entwickelst dich ja auch weiter in deiner Customer Journey, und da kann derselbe Mensch zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterschiedliche Verhaltensweisen an den Tag legen. Genau das ist das Spannende, das Situative.
Joubin Rahimi:
Total klar. Wenn ich noch nicht weiß, welche Produkte mich wirklich begeistern würden, dann kann ich sie auch nicht in die Suchmaschine eingeben. Das war jetzt ein ganz triviales Beispiel. Wenn ich nach Amerika gehe, das ist für mich immer so das beste Beispiel, und dort in einen Laden reingehe, dann wird man ja schon beschossen von den gesamten Angeboten. Und da denke ich mir, die müssen doch an meiner Körpersprache erkennen, dass ich das nicht will. Ich will allein gelassen werden. Ich bin Deutscher. Ich will allein gelassen werden und nicht direkt in Kommunikation gehen. Ich will alleine gucken. Das Jagen kann ich alleine. Könnt Ihr das auch erkennen, wenn da jemand frisch in den Laden reinkommt und wie man dann auf die Verhaltensweise geht? Und was ist frisch?
Katja Moritz:
Als Beispiel könnten wir uns da mal anschauen, was ist denn die Einstiegsseite vom Kunden? Ist es jemand, der auf der Startseite landet? Dann ist er wahrscheinlich noch nicht unbedingt festgelegt auf Produkte. Ist es aber jemand, der auf einem bestimmten Produkt landet, dann hat er sich wahrscheinlich schon mal irgendwie mit diesem Produkt auseinandergesetzt, ist über irgendeinen Empfehlungslink oder eine bezahlte Suche dorthin gekommen, das heißt, er ist wahrscheinlich schon relativ festgefahren auf dieses Produkt. Dann würden wir vielleicht in dem Fall eher Eigenschaften von dem Shop positiv hervorheben, wie schnelle Lieferzeiten, gute Bewertungen, um das Vertrauen in den Shop zu stärken. Und in anderen Fällen, wo der Kunde sich allgemein informiert, vielleicht eher Orientierungshilfen im Umgang mit der Seite geben. Und da ist es wichtig zu überlegen, wo kommt der Kunde her? Wie kann ich ihn ansprechen und was weiß ich denn überhaupt über den Kunden? Dir sieht man vielleicht nicht unbedingt an in Amerika, dass du jetzt aus Deutschland kommst. Oder mir würde man das genauso wenig vielleicht ansehen ...
Joubin Rahimi:
... Blonde Haare, blaue Augen.
Katja Moritz:
Wer weiß. Aber genau das macht ja eben die guten Verkäufer aus, dass sie solche Informationen deuten können. Und vielleicht ist es ja in Amerika genau das, was gewünscht ist. Das kann natürlich auch regionale Unterschiede haben in Europa und in Amerika. Allein der Unterschied zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz kann in Teilen schon sehr groß sein. Also, dass manche Sachen vielleicht in Deutschland funktionieren, aber in der Schweiz überhaupt nicht. Und genau darauf muss man dann eben auch individuell eingehen.
Joubin Rahimi:
Da hake ich direkt mal ein. Hast Du ein Beispiel dafür, was in Deutschland funktioniert hat, aber in der Schweiz oder Österreich nicht? Oder umgekehrt?
Katja Moritz:
Wir haben bestimmte Maßnahmen bei uns auch in verschiedenen Ländern implementiert. Das heißt, die Kunden haben Shops in verschiedenen Ländern laufen und da haben wir ganz klar auch diese Unterschiede mit Daten belegen können. Manche Maßnahmen haben dann einfach nicht so gut funktioniert. Vielleicht gibt es in Deutschland einfach mehr Sparfüchse, sodass Rabatte hervorzuheben in Deutschland besser funktioniert als in der Schweiz.
Joubin Rahimi:
Ist das so oder ist das eine Annahme?
Katja Moritz:
Das ist jetzt tatsächlich eine Annahme. Wir haben auf jeden Fall unterschiedliche Performances in den Daten gesehen. Aber ob es jetzt der Sparfuchs ist, der da wirklich dahinter steht und der in der Schweiz vielleicht nicht so vertreten ist, das wäre jetzt erst mal meine Annahme.
Joubin Rahimi:
Okay, wobei man sagen muss, Aldi und Lidl kommen ja aus Deutschland und nicht aus Österreich oder der Schweiz. Jetzt reden wir schon über Typen, also den Sparfuchs, denjenigen, der einen guten Deal machen möchte. Ich vermute aber, nicht alle Deutschen sind immer nur Sparfüchse und wollen einen guten Deal machen, sondern es gibt unterschiedliche Einstellungen. Habt Ihr da Erfahrung? Wonach unterteilt Ihr in Eurer Arbeit und woran könnt Ihr Sachen beispielsweise erkennen?
Katja Moritz:
Es gibt tatsächlich sehr viele Ausprägungen von Sparfüchsen. Das können zum Beispiel Personen sein, die einfach nach dem günstigsten Produkt suchen. Es können auch Personen sein, die sagen, ich will eine sehr hohe Produktqualität, aber zum besten Preis. Das heißt, auch da muss man wieder unterscheiden, mit welchem Sparfuchs spricht man denn gerade, um ihn da auch richtig abzuholen. Und das ka nn man zum Beispiel an so etwas festmachen wie: Wie werden Preisfilter genutzt? Wo kommt der Kunde her? Ist es ein Preisvergleichsportal? Dann gibt uns das schon Aufschluss darüber. Die meisten Preisvergleichsportale leiten konkret auf Produktseiten weiter, das heißt, du suchst dein Produkt in dem Portal, bist also schon relativ festgelegt auf das Produkt, kommst dann auf die Shopseite und suchst dann wahrscheinlich wirklich einfach nur den günstigsten Preis. Das sind häufig auch Kunden, die nur kurzfristig mal da sind, die vielleicht nicht unbedingt zu Stammkunden werden. Das heißt, wir müssen sie dann eben auch an der Stelle abholen. Wir haben eine kleine Chance, sie da einmal für den Shop zu begeistern und müssen sofort das Vertrauen in den Shop stärken. Und die würden wir zum Beispiel anders abholen als Kunden, die sich vielleicht einfach allgemein stöbernd auf einer Seite informieren, vielleicht eher organisch auf einen Shop gekommen sind. Dann könnte man die mal in den Sale-Bereich schicken, weil die sich inspirieren lassen und eben einfach schauen, welche Produkte gibt es denn gerade, die günstig sind. Die wollen vielleicht einfach nur einen guten Deal machen und gar nicht ein bestimmtes Produkt in den Fokus nehmen.
Joubin Rahimi:
Ich kenne da einige Seiten, da geht es dann halt in den Check-out und da ist nichts. Und bei anderen Seiten, da ist der Check-out einfach in der normalen Seite. Und ich habe mich selber schon mal dabei ertappt, dass ich dann halt da rechts noch etwas gesehen habe. Und dann guckst du dir das auch noch an und vergisst dabei, dass du eigentlich auschecken wolltest. Ich vermute mal, das geht vielen Shopbetreibern so, dass man vielleicht sagt, wenn ich schon einen habe, der jetzt wirklich kaufen will, dann nicht mehr stören. Aber woran erkenne ich, dass das jemand kaufen will? Oder muss ich immer den Check-out anpassen? Wann kommt so ein Rabatt-Code rein oder auch nicht rein? Wenn ich schon kaufen will, dann würde ich den mitnehmen.
Katja Moritz:
Genau. Wenn du schon wild entschlossen bist zu kaufen, dann muss der Shop dir diesen Rabatt ja auch eigentlich nicht mehr gewähren. Das heißt, da kann man auch eine gewisse Effizienz als Shopbetreiber noch mal nutzen, mit genau solchen Maßnahmen: Ich halte meinen Check-out sehr clean und ich lenke meinen Kunden nicht mehr davon ab, dass er noch andere Produkte in den Warenkorb legen könnte. Da ist halt immer die Frage, das muss sich so ein bisschen die Waage halten zwischen einer verbesserten Conversion Rate und einem höheren Warenkorbwert, weil beides natürlich den Umsatz am Ende positiv beeinflussen kann. Wenn du einen höheren Warenkorbwert hast, aber weniger Käufe, kann das genauso zu mehr Umsatz führen als andersherum – höhere Conversion Rate, dafür geringerer Warenkorbwert. Und da kommt es sicherlich auch auf die Produkte an, die man vertreibt. Sind das vielleicht eher so Mitnahmeartikel, eher Niedrigpreisartikel? Oder sind das wirklich Sachen wie zum Beispiel ein Rennrad, das man sich dann vielleicht auch mal für 10 000 Euro kauft, wo man sich dann schon wirklich informieren muss? Da gibt es auf jeden Fall Unterschiede in den Produkten. Das muss dann der Shop auch für sich ausprobieren. Wer sind denn meine Kunden und wie kann ich die dann eben da abholen? Wir haben auf jeden Fall die Erfahrung gemacht, wenn wir klare Kaufabsichten erkennen können, weil jemand ganz gezielt auf Produkte geht, die in den Warenkorb legt und den Check-out sofort startet, dann lassen wir den auch in Ruhe. Wenn es aber jemand ist, der vielleicht eher etwas zögerlich ist, mehrere Sessions hintereinander hat, mehrfach den Warenkorb besucht, wieder raus geht, vorher Produkte auf die Wunschliste legt, dann können wir genau in so einem Moment vielleicht noch mal mit einem Rabatt-Code den entscheidenden Auslöser setzen und ihn dann dazu bewegen, dass er den Kauf doch abschließt.
Joubin Rahimi:
Super! Dafür haben wir ja die Software, auch wenn es darum jetzt gar nicht geht, aber diese Erkenntnisse helfen ja jedem. Aber vielleicht hast Du noch ein, zwei Erkenntnisse zur Körpersprache, wo Du sagst, wenn man so ein Muster erkennt, dann ist es sehr wahrscheinlich der Ausdruck für ...
Katja Moritz:
Da würde ich tatsächlich einfach die Einstiegsseite des Kunden als ganz entscheidendes Merkmal sehen. Ist es die Startseite? Ist es eine allgemeine Informationsseite, die einfach eine bestimmte Produktkategorie darstellt? Dann weiß ich, der Kunde braucht vielleicht noch Hilfe bei der Auswahl. Also kann ich zum Beispiel Tools hervorheben, die ihm die Auswahl vereinfachen, Filtermöglichkeiten oder auch einen Chat anbieten. Wenn ich aber sehe, dass es ein Kunde ist, der sehr spezifisch unterwegs ist und vielleicht direkt über eine Produktdetailseite einsteigt, dann kann ich eben schon ganz klar sagen, der ist schon relativ entschlossen. Also würde ich eher meine Shop-USP hervorheben und das Vertrauen in den Shop als solchen stärken.
Joubin Rahimi:
Super, danke für die Insights zu dem Thema. Und für Fragen sprecht uns gerne an über die entsprechenden Kommentarfunktionen oder auch über entsprechende Mails und Nachrichten dazu. So können wir die Diskussion einfach weiter fortführen. Danke Dir, Katja!
Katja Moritz:
Vielen Dank.